Trotz ihres Handicaps durch das Ullrich-Turner-Syndrom nimmt Judoka Sophie Frank an Wettkämpfen teil. Ein Ranglistenturnier wird die 13-Jährige wohl nicht so schnell vergessen
Die Judoabteilung des TSV von 1873 Wörth ist weit über die Grenzen der Oberpfalz hinaus bekannt. Im Nachwuchs ist mit Sophie Frank eine ganz besondere Judo-Kämpferin am Start. Groß war die Freude, als sie beim letzten Oberpfälzer Judo-Ranglistenturnier des Jahres vom renommierten Wettkampfrichter Ivan Sturm einen Inklusionssonderpreis bekam.
„Das hat Sophie mehr als verdient. Die Überraschung ist gelungen. Sie ist die einzige Judosportlerin in der Oberpfalz, die trotz ihres körperlichen Handicaps an Wettkämpfen teilnimmt“, lobt Mandy Vogel, Trainerin und Abteilungsleiterin der Judoka des TSV Wörth. Vor zwei Jahren begann Sophie Frank, die am Ullrich-Turner-Syndrom leidet, mit dem Judotraining. Die 13-Jährige ist entwicklungsverzögert und kleinwüchsig, nur 1,30 Meter groß. Sie wiegt etwas über 30 Kilogramm und leidet an muskulären Disbalancen.
Mit ihrem Ehrgeiz übertraf sie die Prognosen der Ärzte
„Sophie ist eines unserer drei Pflegekinder. Als sie im Alter von eineinhalb Jahren zu uns kam, waren die Prognosen düster. Enorme geistige Defizite waren zu befürchten, auch dass sie nie richtig gehen und laufen können wird“, blickt Pflegemutter Heidelies Pfister aus Wörth zurück. Sie ist sehr stolz auf Sophie: „Wir haben sie von Beginn an gefordert und gefördert. Mit ihrem ungebrochenen Ehrgeiz und Willen hat sie bereits jetzt schon viel mehr erreicht, als die Ärzte damals vorausgesagt haben.“
Sophie besucht die siebte Klasse des Pater-Rupert-Mayer-Zentrums ist Regensburg. „Mein Ziel ist es, in zwei Jahren den qualifizierenden Mittelschulabschluss zu schaffen“, sagt die 13-Jährige. Zudem hat sie schon eine klare Vorstellung in Bezug auf die Berufswelt. „Ich möchte gerne einen Pflegeberuf erlernen.“ Auch Berufe in der Gastronomie interessieren die fleißige Schülerin sehr. Seit 2021 besucht sie regelmäßig das Judotraining beim TSV Wörth. Im Herbst legte Sophie Frank den gelb-orangenen Gürtel unter Berücksichtigung der Inklusionsrichtlinien ab.
„Sophie ist sehr interessiert, wissbegierig und ehrgeizig. Wir versuchen, all das möglich zu machen, was möglich ist“, erklärt ihre Trainerin Mandy Vogel. Heidelies Pfister beschreibt einen wichtigen Charakterzug der Nachwuchs-Judosportlerin: „Sophie hat früh ihre Krankheit angenommen. Nach Rückschlägen steht sie wieder auf, kämpft weiter. Sie nimmt mit Leidenschaft an Wettkämpfen teil. An ihrem Beispiel sieht man, dass man auch an Niederlagen wachsen kann. Ein ,geht nicht‘ , gibt es bei Sophie nicht. Zumindest im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die sie aber annimmt und akzeptiert.“
Im Training und im Wettkampf möchte sie gefördert werden. Einen Behindertenbonus nimmt sie nicht für sich in Anspruch.
Trotz der eigenen Erfolge schaut sie nicht nur auf sich
„Sophie will sich mit anderen messen, versucht alles, um mitzuhalten. Natürlich klappt das nicht immer“, weiß Heidelies Pfister, die einen ganz wichtigen Wesenszug ihrer Tochter hervorhebt. „Sophie kann anderen von ganzen Herzen etwas gönnen, freut sich aufrichtig und ehrlich mit anderen mit. Natürlich freut sie sich auch über eigene Fortschritte und Erfolge. Genau so soll es sein.“ Sophie liebt den Teamgedanken beim Judo: „Dort sind alle gleich. Wir halten zusammen, fahren gemeinsam auf Wettkämpfe. Ich freue mich auf jedes Training, fühle mich wohl“, sagt sie. Großes Lob hat Heidelies Pfister für die Trainer, Mandy Vogel und Johann Doossche übrig: „Vieles steht und fällt im Sport mit dem Trainer. Den Einsatz, den die beiden für Sophie aufbringen, ist bemerkenswert.“
Sophie ist weiter mit Eifer dabei, möchte in vielen Bereichen – nicht nur im Sport – ihre Grenzen austesten. „Der Wettkampfgedanke treibt sie an. Aufgeben gibt es nicht bei Sophie. Und wir durften schon oft feststellen, dass viele Wege zum Ziel führen. Nicht nur der eine, den man im Auge gehabt hatte“, freut sich Heidelies Pfister.
Vor allem für Sophie. Eine junge, starke Sportlerin mit einem eisernen Willen, unglaublicher Motivation, Empathie und ganz viel Leidenschaft für den Judo-Sport. Schon jetzt hat Sophie Frank viel mehr geschafft als ursprünglich erwartet. „Ich bin noch lange nicht am Ziel“, erklärt die taffe 13-Jährige.